Rüdiger – fast ein Weihnachtsmärchen

Als Rüdiger zu uns in die Vermittlung kam, hatte er schon einen langen traurigen Weg hinter sich. Er wurde in jungen Jahren einfach ausgesetzt. Mit Maulkorb an einen Baum gebunden wurde er aufgefunden.

Nach einem Jahr Tierheimaufenthalt in Hamburg, durfte er in ein ländliches Tierheim umziehen, wo er noch ein weiteres halbes Jahr warten musste, bis er endlich zum ersten Mal vermittelt wurde. Rüdiger begann nun aufzublühen und zuzunehmen, doch das Glück werte nur von kurzer Dauer und er wurde wegen Überforderung wieder abgegeben.

Dann zog er zu uns auf eine Pflegestelle, wo er sich als  sehr gelehriger und folgsamer Hund zeigte  und er nach einiger Zeit wieder die Chance auf ein neues Zuhause bekam. Dort lief die erste Zeit auch alles gut, bis zum Tag X, als Rüdiger einfach alles zu viel wurde und er nach vorne ging  und es zu mehreren Beißvorfällen kam.

Also musste er auch da ganz schnell wieder weg und sein dritter Tierheimaufenthalt stand bevor. Zum Glück für uns, wurde ein Pensionsplatz im Tierheim Bielefeld frei, welches sich auf schwierige Hunde spezialisiert hat. Dort wurde mit ihm gearbeitet und er wurde liebevoll umsorgt, aber es war trotzdem kein eigenes Zuhause.

Dies war nun sein Umzug in das vierte Tierheim. Hier saß er nun, ein Dobermann, der schon gebissen hatte, der mit seinen 4 Jahren auch schon andeutete, dass es Probleme mit der Hüfte geben würde….Wer holt sich so einen Hund nach Hause? Monat um Monat verging.

Und dann kam der Anruf aus dem Tierheim, kurz nach Weihnachten. Ich weiß es noch ganz genau. “Ilka, es gibt ernsthafte Interessenten für Rüdiger. Sie haben ihn auch schon kennengelernt. Hast du Zeit vorbei zu kommen?“

Ich ließ alles stehen und liegen und fuhr zum Tierheim. Und da saß sie, seine neue Familie. Egal wie detailliert ich auch von seiner Vergangenheit erzählte, ich konnte sie nicht abschrecken. Im Gegenteil, genau so ein Hund wie Rüdiger sollte es sein, der die Nadel im Heuhaufen suchte und ganz sicherlich nicht einfach zu händeln sein würde.

Dann ging alles ganz schnell. Rüdiger durfte noch vor Sylvester in sein neues Zuhause umziehen. In eine Familie die ihm ganz viel Zeit und Ruhe gab, anzukommen. Die mit ihm erst in Einzelstunden und dann im Rudel jede Woche trainierte. Monat für Monat.

Und was soll ich sagen. Rüdiger, jetzt liebevoll Rudi genannt, entwickelte sich zum Musterschüler. Bald konnte er schon ohne Maulkorb mit den anderen Hunden spielen, lernte Pferde und Katzen kennen und lieben und gewann sogar das Spaßtunier in seiner Hundeschule.

Er bekam Goldimplantate, damit er keine Schmerzen mehr hat und entwickelte sich zu einem schönen Dobermann mit glänzendem Fell.

Natürlich gibt es immer noch Dinge, die er nicht mag und an denen gearbeitet werden muss, aber bei den tollen „Frauchens“ machen wir uns alle gar keine Sorgen. Rüdiger hat nie wieder gebissen.

Und es gibt sie eben doch, die Menschen, die den Mut, die  Erfahrung und die Geduld aufbringen, sich einen schwierigen Hund nach Hause zu holen.

Die sogenannte Nadel im Heuhaufen, auf die wir Vermittler oft nicht zu hoffen wagen. Und dann passiert es doch und diese Familien, werden belohnt ,  in dem ihre Hunde ihnen ihr ganzes Herz schenken, sobald sie das Vertrauen zu ihnen gefunden haben.

Und uns Vermittlerinnen zeigt es, dass man die Hoffnung nie aufgeben sollte, die richtige Familie für unsere schwierigen Dobermänner doch noch zu finden.